Schaffen heißt Kämpfen?
Fabien Diffé
Vernissage: 12.12.2024 – 18.00 Uhr
Finissage: 16.01.2025 – 18.00 Uhr
Der Kampf ist tief in der künstlerischen Praxis von Fabien Diffé verwurzelt, schon seit Kindertagen. Geprägt vom Vater, der als Profi-Boxer die Ringe betrat, spiegelt der Künstler in seinen Arbeiten das Boxen als Metapher für jene Kämpfe, die uns auf persönlicher, gesellschaftlicher und politischer Ebene begegnen – Konflikte um Macht, Überlegenheit, Sieg und Niederlage.
Fabien Diffés Schaffen untersucht sowohl die Bedeutungen, die kulturellen und historischen Praktiken eingeschrieben sind, als auch die Geschichten und Kontexte von Körperteilen, insbesondere von Köpfen und Schädeln. Er hinterfragt koloniale sowie religiöse Traditionen, indem er den menschlichen Körper im Wettstreit erforscht. Diffé entlarvt die kulturellen Mythen von Stärke und Scheitern und beleuchtet den Körper als Gefäß für Geschichte und Bedeutung.
Im Mittelpunkt dieser Ausstellung steht ein Gemäldezyklus, der die Räume von Kumulus durchdringt. Er erfüllt sie mit intensiven Figuren, die in kraftvollen Bewegungen und körperlichem Ringen verschlungen sind. Diffé nutzt hier lebendige Farben und markante Kontraste, um die körperlichen wie auch seelischen Konflikte sichtbar zu machen. In der Tradition der Malerei und im Zusammenspiel verschiedener Stilrichtungen und Medien, entfaltet er die Vielschichtigkeit menschlicher Erfahrungen. Diffés Werk geht über die Malerei hinaus und umfasst dabei Skulpturen, Textilarbeiten, Drucke und Zeichnungen, die alle zu einem dynamischen Ganzen verschmelzen.
Gewöhnlich feiern wir die Sieger und bedauern den Abgang der Verlierer. Doch die Kunst fordert uns auf, diesem Kitsch nicht einfach zu verfallen, sondern ihm kritisch zu begegnen. Wie eine listige Finte täuscht das Werk an und lässt uns schwanken. Haben wir es durchschaut? Nur mit wahrhaft offenen Augen begreifen wir, dass das Leben ohne seine Erzählungen nicht existiert.
Im Ring wie in der Kunst sind die Einsätze hoch, und doch ist der Weg zum Erfolg ungewiss. Sobald das Rampenlicht den Künstler erfasst, gibt es nur noch ein Ziel: zu gewinnen. Mit jedem Werk tritt er in den Kampf, um das Publikum zu bannen und die Kritiker in die Schranken zu weisen. Kunst wird zum fortwährenden Ringen mit dem eigenen Inneren und jeder Versuch ein erneuter Schlag ins Schattenreich der eigenen Schwächen.
Aber wie lange lässt sich das Rampenlicht genießen? Wie lange bleibt die Jury wohlwollend, bis der nächste Herausforderer die Bühne betritt? Wenn sich die Niederlagen häufen, zeichnet sich das leise Ende einer Karriere ab. Bleiben die Einladungen aus, schleicht sich der Gedanke ans Aufgeben ein. Abgewandt vom undankbaren Publikum, bleiben nur die Narben des Kampfes. Vielleicht ist das jedoch der Weg, nach dem der Künstler sucht: den unbändigen Kampfgeist in Schöpfungskraft zu verwandeln, angetrieben von einem inneren Feuer. Diese Erkenntnis macht das Gefecht jedoch nicht leichter – es vertieft sogar die Zwiespältigkeit und lässt den Kampf als ewiges Ringen erscheinen.
Manchmal, an langen Abenden unter Freunden und Kollegen, regt sich der müde Kämpfer. Die Fäuste ballen sich erneut. Der Impuls, sich zu behaupten, lebt weiter, auch wenn die Bestform verblasst ist. Für den ausgeschiedenen Boxer gibt es keine Kränze mehr, nur den Blick zurück in die Vergangenheit. Im Spiegel begegnet er der Einsicht, dass der Rest des Spiels nun jenseits des Rings stattfindet.
Doch das ist nur die eine Seite der Medaille …
Gez. Jürgen May; Kunstwissenschaftler
Öffungszeiten:
Donnerstag 17.00 – 20.00 Uhr
Sonntag 13.00 – 16.00 Uhr
Bei Anfragen sind auch weitere Termine möglich
Open Gallery bei allen Veranstaltungen im KufA Haus
Pünktlich zur Finissage gibt es jetzt auch ein Interview mit FABIEN DIFFÉ zu seiner Ausstellung, welches Jörgen May mit ihm geführt hat.